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Schadensersatz wegen rechtswidriger einstweiliger Verfügung

Geposted am von RA Boris Hoeller

Das scharfe Schwert der einstweiligen Verfügung hat zwei Seiten. Mit der einen erkämpft sich der Antragsteller eine sofortige mit staatlichen Nachdruck vollziehbare Regelung über einen Streitgegenstand. Mit der anderen Seite droht der Schnitt ins eigene Fleisch. Nach § 945 ZPO ist nämlich die Partei, die eine von Anfang an ungerechtfertigte einstweilige Verfügung erwirkt hat, verpflichtet, dem Gegner den Schaden zu ersetzen, der ihm aus deren Vollziehung entsteht. Dahinter steht der Rechtsgedanke, dass die Vollstreckung aus einem noch nicht endgültigen Vollstreckungstitel auf Gefahr des Gläubigers erfolgen soll. Die Rechtspraxis hat gezeigt, dass Gerichte an einen solchen Schadensersatzanspruch höhere Ansprüche gestellt haben, als das Gesetz fordert. Mit Urteil vom 10.07.2014 hat der Bundesgerichtshof für die zu Unrecht erlassene Beschlussverfügung mehr Klarheit geschaffen (Az.: I ZR 249/12).

Mit der Zustellung der mit Ordnungsmittelandrohung versehenen Unterlassungsverfügung muss der Schuldner damit rechnen, dass der Gläubiger jederzeit von der Vollstreckungsmöglichkeit Gebrauch macht und im Falle einer Zuwiderhandlung gegen die in der Beschlussverfügung ausgesprochene Unterlassungsverpflichtung die Festsetzung von Ordnungsmitteln beantragt. Bei einer solchen Sachlage sei grundsätzlich davon auszugehen, dass die Befolgung einer Unterlassungsverpflichtung der Abwendung von Vollstreckungsmaßnahmen dient und nicht freiwillig erfolgt. Für das Vorliegen einer Reserveursache, die im Einzelfall zu einer Entlastung des Schädigers führen kann, ist dieser darlegungs- und beweisbelastet. Mit Reserverursache ist ein Anlass für ein den Verfügungsausspruch einhaltendes Verhalten gemeint, bei dem nicht die Befolgung der Anordnung Triebfeder des Handelns ist.

Eine allerdings vor einer förmlichen Parteizustellung formlos der Gegenseite übermittelte Beschlussverfügung, führt noch nicht zu einem die Schadensersatzpflicht nach § 945 ZPO auslösenden Vollstreckungsdruck, denn nur eine Gläubigerhandlung, die als zwangsweise Durchführung einer angeordneten Maßregel angesehen werden kann, sei eine Vollziehung im Sinne des § 945 ZPO und begründe die scharfe Haftung des Gläubigers, so die Richter des I. Zivilsenats in ihrem Urteil.

Fazit: Das Urteil des Bundesgerichtshof erleichtert Betroffenen einer rechtswidrig erlassenen einstweilige Verfügung deren Rechtsdurchsetzung.

BGH, Urteil des I. Zivilsenats vom 10.7.2014 - I ZR 249/12